Sitz | Brüssel |
Präsident | António Costa (SPE) |
Zahl der Mitglieder | 27 stimmberechtigte und 3 nicht-stimmberechtigte Mitglieder (Präsident des Europäischen Rates, Präsidentin der Europäischen Kommission, Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik) |
Zusammensetzung
Der Europäische Rat setzt sich aus den Staats- und Regierungschef:innen der 27 EU-Mitgliedsstaaten, der Präsidentin des Europäischen Rates, der EU-Kommissionspräsidentin sowie der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik zusammen. Sie kommen regelmäßig zu sogenannten Gipfeltreffen zusammen. Stimmberechtigt sind jedoch nur die Staats- und Regierungschef:innen. Der Europäische Rat entscheidet im Konsens, das heißt einstimmig.
Präsidentin des Europäischen Rates
Seit Ende 2009 verfügt der Europäische Rat über eine hauptamtliche Präsident:in. Diese wird von den Staats- und Regierungschef:innen mit qualifizierter Mehrheit für zweieinhalb Jahre gewählt und kann einmal wiedergewählt werden. Da die Präsident:in des Europäischen Rates jedoch nicht stimmberechtigt ist, tritt sie mehr als Koordinatorin und Moderatorin auf. Sie beruft den Europäischen Rat ein, entwirft die Tagesordnung und die Schlussfolgerungen, bereitet die Sitzungen vor und leitet die Gespräche. So kann sie – wie im Vertrag vorgesehen – Impulse für die Arbeiten des Europäischen Rates geben. Außerdem vertritt sie die EU „auf ihrer Ebene“, das heißt gegenüber Staats- und Regierungschef:innen nach außen. Seit dem 1. Dezember 2024 hat der ehemalige portugiesische Premierminister António Costa das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates inne.
Aufgaben
Der Europäische Rat spielt im institutionellen Gefüge eine herausragende politische Rolle. Er gibt der EU die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten für diese Entwicklung in Form von sogenannten Schlussfolgerungen fest. Er bestimmt zudem die Grundsätze und die allgemeinen Leitlinien der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Wirtschafts- und Währungspolitik. Der Vertrag von Lissabon hat den Europäischen Rat weiter aufgewertet, indem er ihm Organstatus verlieh. Im Zuge der Euro-Krise hat der Europäische Rat als Leitungsorgan weiter an Bedeutung gewonnen. Anders als Rat und Europäisches Parlament verfügt der Europäische Rat jedoch eigentlich über keinerlei gesetzgeberischen Befugnisse; dies stellt der EU-Vertrag ausdrücklich fest. De facto jedoch greift der Europäische Rat durch detaillierte Schussfolgerungen stark in den Gesetzgebungsprozess ein.
Über Machtverhältnisse: Der Unterschied zwischen Europäischem Rat und Ministerrat
Thomas Mayer | 5. Jänner 2014, 12:00
[…]Europäischer Rat als mächtigstes EU-Entscheidungsorgan
[…] Der [Europäische Rat], umgangssprachlich gerne “EU-Gipfel” genannt, ist das Gremium der 28 [inzwischen 27] Staats- und Regierungschefs der Union. Als solches ist er in seiner heutigen Form politisch das mächtigste Entscheidungsorgan in der EU. Denn er ist es, der die großen politischen Linien vorgibt und selber bindende Beschlüsse fasst, der Arbeitsaufträge an die EU-Kommission oder den EU-Ministerrat gibt. Das war bis Dezember 2009 mit dem Inkrafttreten des EU-Vertrags von Lissabon nicht so. Bis dahin beschränkten sich die Staats- und Regierungschefs darauf, nur die großen politischen und wirtschaftlichen Linien vorzugeben. Die bindenden Beschlüsse wurden hingegen in den Fachministerräten bzw. dem Allgemeinen Rat der EU (de facto bei den Außenministern) gefasst, mussten von den Ministern erst mühsam ausgehandelt werden.Änderung der Machtverhältnisse
Einige Experten sehen daher auch in der Neudefinition des Europäischen Rates die wesentlichste Änderung im Lissabon-Vertrag, weil sich diesbezüglich in der Praxis eine entscheidende Änderung der Machtverhältnisse ergeben hat. Die EU-Kommission als Gemeinschaftsorgan wurde geschwächt, aber auch die EU-Ministerräte, die im Zweifel nur noch als “Zuträger” der Regierungschefs dienen. Das zeigt sich schon äußerlich. Bis 2009 fanden EU-Gipfel viermal im Jahr statt, hin und wieder gab es Sondergipfel. Und die Außenminister waren mit ihren Regierungschefs beim Gipfel anwesend. Heute dürfen neben dem Generalsekretär des Rates nur sehr wenige Leute im Saal sein, wenn “die Chefs” tagen. Die Außenminister sind entmachtet, kriegen nicht direkt mit, wie Entscheidungen beim Gipfel getroffen werden. Es gibt seit 2009 auch einen Ständigen Präsidenten des Europäischen Rates, […], der protokollarisch die Union nach außen vertritt, auf Augenhöhe etwa mit dem US-Präsidenten. Mit dem Präsidenten der EU-Kommission, […], bildet er eine Art Doppelspitze der Union. Die EU-Gipfel finden nun fast ausschließlich in Brüssel statt, im Schnitt sechs bis acht pro Jahr. In den Krisenjahren 2010 und 2011 trafen sich die Regierungschefs fast im Monatstakt.
EU-Ratspräsidentschaft
In seiner Rolle reduziert wurde durch all das der alle sechs Monate wechselnde Ratsvorsitz durch ein Mitgliedsland, die EU-Ratspräsidentschaft ([…]). Sie organisiert gemeinsam mit Kommission und Ratssekretariat in Brüssel den EU-Alltag, insbesondere den Ablauf der Fachministerräte, in denen die meisten Formalentscheidungen zur EU-Gesetzgebung mit dem EU-Parlament fallen. Der Europäische Rat, der die Macht der Nationalstaaten wieder vergrößert hat, trifft auch die wichtigsten Personalentscheidungen. Er nominiert etwa Präsidenten der Kommission (wobei das Europäische Parlament dabei seit 2009 ein fixes Mitentscheidungsrecht hat) oder die oder den Außenbeauftragten. Außerdem sind die EU-Staats- und -Regierungschefs im [Europäischen Rat] für EU-Vertragsänderungen zuständig, sei es im kurzen Verfahren durch sie selbst oder durch Einberufung eines Konvents, in dem auch die nationalen Parlamente und das EU-Parlament bindend mitarbeiten.