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Der Neustart einer globalen Klimapolitik

Vom 30. November bis zum 11. Dezember findet in Paris die Weltklimakonferenz – „Conference of the Parties“ (COP21) – statt. Trotz der Anschlagsserie in der französischen Hauptstadt und der verstärkten Terrorbedrohung sollen 145 Staats- und Regierungschefs ihre Teilnahme an den Verhandlungen angekündigt haben – ein starkes Zeichen. Die Ergebnisse der Konferenz aber werden ernüchternder sein, als das derzeitige Gefühl so manchen Beobachter vorzugeben mag. Zwar wird die Konferenz ein sehr wichtiges Signal für eine zukünftige globale Klimapolitik senden, letztendlich wird es aber nicht um das ökologisch Wünschenswerte, sondern um das politisch Machbare gehen. Die Europäische Union erhält die Gelegenheit das Ergebnis der zweiwöchigen Verhandlungen mitzugestalten und auf globaler Ebene wieder Fuß zu fassen; dazu braucht es aber diplomatisches Fingerspitzengefühl.

COP21 – ambitionierte Ziele …

Bis Anfang Oktober 2015 hatten 146 Staaten ihre Klimaziele schriftlich festgelegt und bei der UNFCCC eingereicht. Diese Staaten sind für derzeit 87 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. (CC-BY-SA, POC21: Maja and COP21 via Flickr)

Bis Anfang Oktober 2015 hatten 146 Staaten ihre Klimaziele schriftlich festgelegt und bei der UNFCCC eingereicht. Diese Staaten sind für derzeit 87 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. (CC-BY-SA, POC21: Maja and COP21 via Flickr)

In Paris soll das funktionieren, was vor sechs Jahren in Kopenhagen nicht gelang: ein Klimaregime jenseits des Kyoto-Protokolls zu errichten, das von allen Teilnehmerstaaten getragen wird. Seit 2009 legten die Mitglieder in einer Vielzahl von Verhandlungen die Teilstücke eines neuen Abkommens fest. Nun, so hoffen die Vereinten Nationen, werden die Bemühungen in einem Beschluss mit konkreten Zielvereinbarungen und Maßnahmen münden, die Emissionsquellen, die Konzentration von Treibhausgasen und die Folgen des Klimawandels betreffen. Zuerst müssen aber die 195 Vertragsstaaten des United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCC) ausloten, welchen Beitrag sie leisten können, um die Erderwärmung auf zwei Grad Celsius zu beschränken. Wesentlich für die Verhandlungen sind die sogenannten Intended Nationally Determined Contributions (INDC), die die nationalen Klimaziele in der Einsparung oder Reduzierung von Abgasemissionen beinhaltet und als Messgröße für die Leistungsbereitschaft der Akteure gelten kann. Neu ist der Ansatz, bei den Maßnahmen zur Emissionsreduzierung nicht mehr zwischen Industrie-, Entwicklungs- und Schwellenländer zu differenzieren, wie es im Kyoto-Abkommen der Fall ist, sondern alle Akteure in einen Aktionsplan einzubinden.

… und die Realpolitik

Bislang haben 147 von 170 registrierten Akteuren ihren INDC Plan an das UNFCC-Sekretariat in Bonn übermittelt. Immer deutlicher wird, dass das ganz große Ziel, den Anstieg der Erderwärmung zu begrenzen, wohl nicht durch die derzeitige INDCs erreicht werden kann. Jetzt die Klimaziele durch eine Erwartungseuphorie unbedingt festmeißeln zu wollen, könnte in einer Enttäuschung enden. Bereits aus politischen und wirtschaftlichen Gründen wird es für viele Staaten kaum möglich sein, die gewünschten Vereinbarungen verbindlich einzuhalten. Will die UN so viele Akteure wie möglich in einen Aktionsplan einbinden, wird die anstehende Kompromissfindung bei der Vielzahl unterschiedlicher Eigeninteressen der Teilnehmerstaaten eine akteurszentrierte Mammutaufgabe und braucht die volle Aufmerksamkeit der Verhandlungspartner. So hat sich zwar mit den USA ein Global Player seit 2013 ernsthaft bemüht, die Partner China und Indien zu mehr klimapolitischer Zusammenarbeit zu bewegen, was die Wahrscheinlichkeit für eine Kooperation in der Klimapolitik wesentlich erhöhte. Gleichzeitig schwören aber viele Schwellenländer weiterhin auf die Energieerzeugung durch Kohlekraftwerke und mit der US-Präsidentschaftswahl 2016 könnte das US-amerikanische Engagement nächstes Jahr vorbei sein. Letztlich wird es das Ziel der kommenden Klimaverhandlung sein, den Rahmen der künftigen Klimapolitik zusammenzusetzen, um die post COP21 Verhandlungen zu vereinfachen und mögliche Maßnahmen schließlich verbindlich zu gestalten. Hierbei kann sich die EU durch ihren Erfahrungsschatz konstruktiv einbringen, wenn sie umdenkt.

Über die Rolle der Europäischen Union in den kommenden Verhandlungen

Die EU hat sich selbst zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 die Treibhausgasemission im Vergleich zum Jahr 1990 um mindestens 40 Prozent zu senken. Damit nimmt der Staatenverbund eine Vorbildfunktion ein. Auch mit der Energie-Union und dem ersten „State of the Energy Union“ Bericht der EU-Kommission kommt vor Paris nochmal Dynamik in die europäische Energie- und Klimapolitik. Als Pionier gilt Europa in diesem Politikfeld aber nicht mehr – China und die USA sind dem alten Kontinent in der Umsetzung weit voraus. Will der spanische EU-Kommissar Miguel Arias Cañete also sein Versprechen à la „Europe will be a deal maker, not a deal taker” umsetzen, hat die EU-Kommission endlich die politische Realität zu erkennen und sich auf die eigenen Stärken zu besinnen.

Um in der Klimakonferenz zum Konsens beizutragen, sollte die EU in Paris drei Punkte berücksichtigen:

  1. Die Kommission muss davon abrücken, ihre Initiativen ausschließlich an der Klima- und Umweltforschung zu orientieren. Längst wird das Klimapolitikfeld durch Wirtschafts-, Verbraucher-, Transport- und Verkehrspolitik beeinflusst. Diese Faktoren darf die EU in der Klimadebatte nicht unberücksichtigt lassen, sondern muss bei der kommenden Problemlösungsfindung flexibel, aber entschlossen agieren.
  2. Die Kommission muss sich davon verabschieden, mit dem Ziel eines völkerrechtlich verbindlichen Beschlusses in die Verhandlungen von Paris zu gehen, wie die Institution in einem im Februar 2015 eingebrachten Vorschlagverdeutlicht hat. Ein rechtlich verbindliches Abkommen wird es mit den Ländern wie China, Indien und den USA nicht geben.
  3. Um Handlungsblockaden zu überwinden, könnte die EU in den Bereichen der Klimafinanzierung und des Technologietransfers unterschiedliche Interessen ausgleichen und Anreize schaffen. Vor allem die langjährige Erfahrung zäher klimapolitische Verhandlungen im Europäischen Rat müssen genutzt werden. Im speziellen durch die Energie-Union kann die Kommission fruchtbare Vorschläge über die Verbindung von vielfältigen subnationalen und transnationalen Aktionen mit dem globalen Regime herstellen. Zwar hatte das Kyoto-Protokoll Projekte auf lokaler und regionaler Ebene angeregt, systematisch umgesetzt haben die Partner sie aber nicht. Gleichzeitig muss die EU vor zu weitreichenden Vereinbarungen acht geben, die sie dann an die eigenen Mitgliedstaaten kommunizieren muss. Auch innerhalb der EU gibt es starke Interessengegensätze in der Energie- und Klimapolitik. Mit der beschränkten Handlungsfreiheit der EU und den unterschiedlichen Interessen einer Vielzahl von Akteuren braucht der EU-Vertreter in den COP21-Verhandlungen eine große Portion diplomatisches Geschick – viel Erfolg!

Dieser Artikel ist erstmals 30. November 2015 auf TreffpunktEuropa.de erschienen.

Politische Lage der Türkei: Einen Schritt vor, zwei zurück?

Türkische Parlamentswahlen die zweite

(CC-BY-SA, Atatürk: faruk via Flickr)

(CC-BY-SA, Atatürk:
faruk via Flickr)

Die Auslandspresse war sich vor der Wahl einig: Recep Tayyip Erdoğans Streben nach Alleinherrschaft, sein religiös-konservatives Auftreten und eine destruktive Außen- sowie Sicherheitspolitik wird der türkische Wähler erneut abstrafen. Die Vorstellung, dass die liberalen Kräfte in der Gesellschaft geweckt und die prokurdische Demokratische Partei der Völker (HDP) sowie die säkulare Republikanische Volkspartei (CHP) gestärkt werden, blieb ein Wunsch – in jeder Hinsicht!

Das Wahlergebnis

Mit Blick auf die Wahlen vom 7. Juni und den seit dem durchgeführten Wahlumfragen ist der Ausgang der zweiten Wahl eine bittere Überraschung. Der aufsehenerregende Machtverlust von Erdoğans regierenden Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) in der vorangegangen Juni-Wahl ist Geschichte. Die AKP erhält mit 49,5 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit und wird mit 317 Sitzen ihre vierte eigenständige Regierungsperiode gestalten. Einziger Trost: Die HDP konnte mit gerade noch 10,8 Prozent die Sperrklausel überwinden, so gehen 59 Sitze und damit die Zwei-Drittel-Mehrheit nicht an die AKP. Der faktisch größte Verlierer ist jedoch die Nationalistische Bewegung (MHP). Mit 11,9 Prozent sitzt die rechtsnationalistische Partei mit 19 Delegierten weniger im Parlament als die HDP. Somit bleibt die CHP mit 25,3 Prozent die zweitgrößte Partei im Parlament. Das Ergebnis der Kemalisten reiht sich in denen der letzten Jahre ein und bleibt so wie immer enttäuschend.

Hintergrund des AKP-Sieges

Der eklatante Verlust von 2,3 Millionen Stimmen in der Juni-Wahl war für Erdoğan und Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu (AKP) ein eindringliches Signal und beide hatten die Botschaft richtig interpretiert. Ihre neue Taktik der polarisierenden Kriegsrhetorik, einer harten Linie gegen die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) und die HDP sowie einem verstärkten Vorgehen gegen oppositionelle Medien war erfolgreich. Die AKP konnte jene Stimmen zurückholen, denen die halbherzige Bemühungen Erdoğans zur Lösung des „Kurdenproblems“ bereits zu viel war und im Juni zur antikurdischen MHP trieben.

Ohne den wieder aufgebrochenen Konflikt zwischen türkischen Sicherheitskräften und der PKK aber wäre dieser relative Wahlerfolg der AKP nicht möglich gewesen. Das gibt der Parlamentswahl den Geschmack einer Khaki-Wahl. Mit bereits über 700 Toten und einer Anschlagsserie, die mit dem „türkischen 11. September“ einen brutalen Höhepunkt erreichte, blieb nur der Wunsch nach Sicherheit. Der Auftritt der AKP als starker Mann trifft den Wunsch nach Normalität, der derzeit in weiten Teilen der Bevölkerung größer zu sein scheint als die Angst vor einem zu starken Erdoğan und wesentlich größer ist als kritische Signale aus Europa. So stark, dass auch jene Kurden ihre Stimme der AKP gaben, die den militanten Kurs der PKK nicht unterstützen.

Dass die HDP gerade nach dem Anschlag in Ankara ihre Kampagne einstellte, nahm Erdoğans Taktik den letzten Widerstand. Noch im Juni wurde die HDP als eine Partei gefeiert, die das parlamentarische System schützt, die drohende Islamisierung des Alltages der Türken entgegentritt und auf eine friedliche sowie politische Lösung der derzeitigen Gewalt in der Türkei drängt. Von der PKK hat sich die HDP aber nicht genug abgegrenzt – ein Fehler. Davon war auch in den Wochen vor der November-Wahl genauso wenig zu hören, wie vom androhenden Präsidialsystem seitens der AKP-Spitze. Eine flächendeckende kritische Berichterstattung durch noch übrig gebliebene nicht-regierungsnahe Medien war auch kaum möglich. Oppositionelle Medien wurden durch türkische Sicherheitskräfte zensiert, abgeschaltet und laute Geister eingesperrt. Und die CHP? Ein Wahlprogramm, dass sich thematisch auf Mindestlöhne und Renten fokussierte, scheint für die türkischen Bürgerinnen und Bürger zwar wählbar zu sein, aber einen politischen Neuaufbruch verspricht die älteste türkische Partei den 54 Mio. Wahlberechtigten nicht. So dümpelt die säkulare Partei weiterhin bei 25 Prozent.

Mit voller Kraft ins Präsidialsystem?

Auch beim zweiten Gang der türkischen Parlamentswahl, ging es nicht darum nur 550 Mandate zu verteilen. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit wollte die regierende AKP bereits im Juni 2015 den ersten Schritt Richtung Präsidialsystem genommen haben. Die Türkei bleibt aber vorerst eine parlamentarische Demokratie mit eklatanten Defiziten. Um die Verfassung eigenständig zu ändern, braucht die AKP weitere 50 Abgeordnete. 330 Stimmen würden aber schon ausreichen, um darüber in einem Referendum entscheiden zu lassen. Die restlichen Stimmen könnten von der MHP bekommen, die schon so oft von ihrer nach außen kommunizierten Haltung Reißaus genommen hat – alles Verhandlungssache. Dass das Präsidialsystem durch die AKP auf den Weg gebracht wird, steht aber noch nicht absolut im Raum. Auch innerhalb der AKP wird der Wunsch des Staatspräsidenten kritisiert und angeblich von 70 Prozent der Türken nicht gedeckt – aber das mit den Umfragen lassen wir mal.

Dennoch, Erdoğans unkonstruktive Haltung innerhalb der Partei kann zu einer schweren innerparteilichen Debatte führen, vor allem um den ehemaligen Präsidenten Abdullah Gul und Ali Babacan sehen Beobachter eine parteiinterne Kraft gegen den eigentlichen AKP-Chef Erdoğan. Interessant wird, wie sich Davutoğlu positioniert. Denn Erdoğan mag zwar die neue Strategie angeordnet haben, aber der Ministerpräsident hat sie umgesetzt und hat damit seine eigene Position gestärkt. Vor allem aber der 67-jährige MHP-Chef Devlet Bahçeli, der die meiste Zeit damit verbrachte Konkurrenten auszustechen, muss sich auf kritische Fragen vorbereiten. Gleiches gilt für den 66-jährigen CHP-Vorsitzenden Kemal Kılıçdaroğlu dessen neuer Programmansatz nicht wirkte.

All diese Debatten werden mit dem Hintergrund geführt, dass mit dem andauernden Kampf zwischen türkischer Armee sowie PKK und eine zunehmende autoritäre Regierung die Polarisierung der türkischen Bevölkerung an kulturell-ethnischen Grenzen vorantreibt. Der stark nationalistische Ansatz der AKP trifft auf Widerhall und anders als behaupte, ist der Juni-Erfolg der HDP nicht auf starke liberale Kräfte zurückzuführen, sondern auf eine starke kurdische Nationalbewegung. Die HDP muss sich stärker öffnen und den Spagat zwischen säkularen Kreisen und einer militanten Politik der PKK schaffen, um unnachgiebig den Kampf um mehr Mitbestimmung in zivile Foren zu tragen und sich letztlich als eine Alternative zu beweisen.

Dieser Artikel ist erstmals 10. November 2015 auf TreffpunktEuropa.de erschienen.

Polen nach der Wahl: Alles halb so schlimm?

Beim Stammtisch in Darmstadt haben wir uns Michał Jarski von der JEF Warschau per Internet in die Runde geholt. Gemeinsam haben wir die Konsequenzen aus dem Wahlsieg der PiS/EKR (Partei Recht und Gerechtigkeit) im Bezug auf zwei wichtige Punkte disktutiert: Wie verhält sich Polen nun bei den Klimaverhandlungen beim Gipfel COP 21 in Paris? Und wie verhält es sich gegenüber seinen EU-Partnern – bei der Energie- und Klimapolitik sowie generell in institutionellen Fragen und der Flüchtlingspolitik?

Internationale Positionen der PiS vor allem Wahlkampfgetöse?

Polnisches Kabinett Ewa Kopacz am 14. September 2015 (CC-BY-SA Platforma Obywatelska RP, via Flickr)

Polnisches Kabinett Ewa Kopacz am 14. September 2015 (CC-BY-SA
Platforma Obywatelska RP, via Flickr)

Man könnte den Eindruck gewinnen, dass viele der gefürchteten Positionen der PiS vor allem Wahlkampfgetöse waren. Die Partei von Parteivorsitzendem Jarosław Kaczyński, die als gemäßigt EU-skeptisch, nationalkonservativ, christdemokratisch sowie populistisch gilt, sprang in vielen Fragen auf die allgemeine EU-Skepsis und die Kritik an der eher erfolglosen Vorgängerregierung auf. Die von Regierungskoalition unter Führung der  liberal-konservative PO/EVP (Partei Bürgerplattform), die im Sommer 2014 durch eine Affäre massiv in die Kritik geriet, galt hingegen als EU-freundlich.

Für Michał erscheinen viele der von PiS/EVP vorgebrachten Positionen wenig ausgegoren: Durch den großen Einfluss der Kohlelobby (Industrie aber auch Gewerkschaften, immerhin hängen einige hundertausend Jobs direkt oder indirekt an der Kohleindustrie) hatte sie zunächst angekündigt, bei den Klimaschutzzielen der EU nicht mitmachen zu wollen. Diese Position hat sie Anfang Dezember dann revidiert. Doch sie kündigte auch z.B. ein Ausscheren des polnischen Bildungssystem aus dem Bologna-Abkommen an.

Innenpolitischer Rechtsruck

Als viel weiterreichend und beunruhigender empfinden viele hingegen die innenpolitischen Maßnahmen der PiS/EKR-Regierung. Das zuvor vor allem von PO/EVP-nahen Richtern besetze Verfassungsgericht wurde direkt Ziel eines von europäischen Medien als “Säuberungsaktion” bezeichneten verordneten Personalwechsels. War die wenig ausgewogene Besetzung zuvor Anlass für Kritik, so stellt der im Eilverfahren durch das Sejm (polnisches Parlament, ausgesprochen wie das englische Wort “same”) beschlossene Personaltausch durchaus Züge einer Politik, wie man sie zuvor vor allem in Ungarn beobachten konnte.

Insgesamt also eine sehr interessante Diskussion. Übrigens ist die Wikipediaseite zur polnischen Parlamentswahl 2015

außerordentlich informativ und übersichtlich! Wir werden in Zukunft immer wieder Gesprächsgäste per Internet zuschalten.

“Was tun, wenn zwei nicht mitmachen?” – JEF-Stammtisch in Darmstadt

Europa sollte kein rein deutsch-französisches Projekt werden, denn als solches wird es z.B. in Polen zunehmend wahrgenommen, und wir sollten (in Großbritannien) in der Presse weniger über Meinungen und mehr über Fakten reden. So oder so ähnlich kann man Chris Power’s Analyse überschreiben. Die Gründe, für EU-Staaten nicht mitzuziehen bei der gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik, beim Euro oder bei der freien Wohnortwahl von EU-Bürgern sind vielfältig.

Was also tun, wenn zwei nicht mitziehen? Nun, solange noch so viel Macht beim Rat und dort vor allem bei Frankreich, Deutschland und Italien vielleicht liegt, wäre es wohl gut, wenn man mehr mit den neueren und den kleineren Staaten spräche.

Frage an dich: Was diskutieren wir nächstes Mal?

Europa, jetzt erst recht! – Bericht vom diesjährigen JEF-Bundeskongress

Der JEF Bundeskongress 2015 (Gruppenfoto)

Der JEF Bundeskongress 2015 (Gruppenfoto)

Hinter sowie vor uns liegen bewegende Wochen. Die Neuwahl in Griechenland hat uns noch einmal an die Fragilität der Rettungseinigung erinnert und die aktuelle Migrationskrise hat auch im politischen Europa für einige Probleme und Verwerfungen gesorgt. Vorübergehende Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraumes sollten uns Föderalisten und Herzenseuropäern mahnend vor Augen führen, dass wir für unsere Vorstellung von Europa immer wieder kämpfen müssen.

Umso passender war es, dass just über den Tag der Deutschen Einheit, vom 2. bis zum 4. Oktober, der 62. Bundeskongress der JEF Deutschland in Berlin stattfand. Auch wir als JEF Hessen waren wieder mit einer siebenköpfigen Delegation dort vertreten und haben kräftig mitdiskutiert und Anträge gestellt.

Das Motto „Grenzen überwinden“ war bei der Wiedervereinigung vor 25 Jahren genauso aktuell wie heute, so scheint es zumindest. Welche weiteren Herausforderungen vor uns liegen, hat unser Bundesvorsitzender David Schrock in einer leidenschaftlichen Rede betont. Aber auch JEFer aus Italien, Polen, Frankreich und Österreich haben Grußworte an den Kongress gerichtet: So international war der Bundeskongress selten!

Die hessische JEF-Delegation beim JEF Bundeskongress 2015 in Berlin

Die hessische JEF-Delegation beim JEF Bundeskongress 2015 in Berlin

Inhaltlich waren wir wieder breit aufgestellt. Neben der Verabschiedung eines ausführlichen Leitantrags mit dem Titel „Europa, jetzt erst recht!“ haben wir ausführlich über einen Antrag zur Migrations- und Asylpolitik mit dem Ruf nach einer europäischen Lösung beraten sowie die Forderung gestellt, dass jeder 18-jährige EU-Bürger zu seinem Geburtstag ein einjährig gültiges Interrail-Ticket bekommen soll, mit dem er kostenfrei mit dem Zug durch die gesamte EU reisen können soll. Auch für eine klare Beitrittsperspektive für den Westbalkan haben wir uns ausgesprochen. Am letzten Kongresstag gab es dann noch eine Fishbowl-Diskussion mit Vertretern der Parteijugenden, u.a. auch mit unserem Landesschatzmeister Roland Mittmann als stellvertretendem JU-Bundesvorsitzenden. Eine spannende Diskussion, weil vor allem deutlich wurde, wie kontrovers man über europäische Politik streiten kann, ohne das Terrain der Europabefürworter zu verlassen. Nicht das ob, sondern das wie muss im Vordergrund der Debatte stehen – Mehr davon!

Christian Gonder nach seiner Kandidaturrede beim JEF Bundeskongress 2015 in Berlin

Christian Gonder nach seiner Kandidaturrede beim JEF Bundeskongress 2015 in Berlin

Obwohl wir uns als hessische Antragssteller mit einer Satzungsänderung zur Streichung des Mindestalters bei der Wahrnehmung des passiven Wahlrechts für den geschäftsführenden Bundesvorstand nicht durchsetzen konnten, so war der diesjährige Bundeskongress für uns dennoch ein kleiner Erfolg: Neben Marina Lessig aus München ist auch unser bisheriger stellvertretender Landesvorsitzender Christian Gonder aus Alsfeld neu als Beisitzer in den Bundesvorstand gewählt worden! Wir wünschen Christian natürlich alles Gute, viel Spaß und Erfolg auf Bundesebene und hoffen natürlich, nun für hessische Belange immer ein noch offeneres Ohr im Vorstand zu finden zu können.

Kompromisssuche im Rat Euphorias – der Planspiel-Rückblick

Planspiel zur EU-Asyl- und Migrationspolitik am 19. Juli 2015 in Darmstadt

Fotogalerie: Das Planspiel am 19. Juli 2015 in Bildern

20 junge Menschen aus ganz Hessen folgten am Sonntag, dem 19. Juli 2015, der Einladung zu unserem Planspiel zur EU-Asyl- und Migrationspolitik und kamen bei hochsommerlichen Temperaturen an die TU in Darmstadt, um sich der Herausforderung zu stellen.

Aktueller Bezug: Ist die EU nicht fähig zu einer gemeinsamen Lösung?

In regelmäßigen Abständen steht die EU-Asyl- und Migrationspolitik im Zentrum der Medienaufmerksamkeit und ist Gegenstand kontroverser öffentlicher Debatten. Flüchtlingstragödie folgt auf Flüchtlingstragödie, ohne dass echte Fortschritte erkennbar wären. Es scheint, als sei die EU unfähig, zu einer gemeinsamen Lösung zu finden, mit der die Herausforderungen in der Asyl- und Migrationspolitik bewältigt werden könnten. Der Frage, warum das so ist, wollten wir bei unserem Planspiel auf den Grund gehen.

Das Szenario des Planspiels

Planspiel zur EU-Asyl- und Migrationspolitik am 19. Juli 2015 in Darmstadt

Konstantin und Marcel stellen den Teilnehmern das Planspiel-Szenario vor

Angesiedelt war das Planspiel in Euphoria – einem an die EU angelehnten, fiktiven Staatenverbund, bestehend aus den Staaten Kolmula, Narnia, Opifera und Saaksama (siehe Karte). Im Angesicht einer durch Krisen in mehreren Nachbarländern ausgelösten Flüchtlingswelle kamen Vertreter der vier Mitgliedsstaaten Euphorias zu einer Konferenz zusammen, um über mögliche Maßnahmen zu beraten. Begleitet wurden die Beratungen von zwei Lobbyorganisationen, die versuchten, Einfluss zu nehmen: Da war auf der einen Seite die Organisation Refugium, die sich für die Belange der Flüchtlinge einsetzte, und auf der anderen Seite die rechtspopulistische Bewegung EUNA („Euphoria der Nationen“). Das Ziel der Verhandlungen unter der Leitung des Sekretariats von Euphoria war die Verabschiedung einer gemeinsamen Resolution.





Von Pressekonferenzen und Anhörungen…

Planspiel zur EU-Asyl- und Migrationspolitik am 19. Juli 2015 in Darmstadt

Narnia fordert mehr finanzielle Unterstützung von den anderen Mitgliedsstaaten







Nachdem die Teilnehmergruppen die Positionen ihrer Staaten bzw. Lobby-Organisationen festgelegt und sich Verhandlungsstrategien zurechtgelegt hatten, schilderten sie in Pressekonferenzen ihre jeweilige Perspektive und legten ihre Positionen dar. So berichtete Narnia, das aufgrund seiner geographischen Lage mit einem besonders hohen Zustrom von Flüchtlingen konfrontiert war, von einer Ghettoisierung der Flüchtlinge im Land und massiven Problemen bei der Integration.

Die erste Verhandlungsrunde der Vertreter der Staaten Euphorias begann mit der Anhörung eines Vertreters von EUPHOREX, der Grenzschutzagentur des Staatenverbundes, sowie von Vertretern der beiden Lobbyorganisationen Refugium und EUNA.

https://twitter.com/TilmannHartung/status/622762195575828480

Planspiel zur EU-Asyl- und Migrationspolitik am 19. Juli 2015 in Darmstadt

Die Vertreter der Organisation Refugium: Lobbyarbeit zugunsten der Flüchtlinge






Die Organisation Refugium verlangte einen Schlüssel zur Verteilung der Flüchtlinge auf alle Staaten Euphorias und schlug die Einrichtung eines gemeinsamen Fonds vor. Neben dem Ausbau legaler und sicherer Transportwege durch EUPHOREX, sollten laut Refugium zukünftig Flüchtlinge ohne vorherige Selektion aufgenommen werden. Immer wieder appellierte die Flüchtlingsorganisation an die Menschlichkeit der Delegationen, um die technischen Details der Vorschläge nicht die Debatte dominieren zu lassen.

Die Lobby-Organisation EUNA hingegen setzte sich vor allem für die (schnelle) Abschiebung der “kriminellen” Flüchtlinge aus Euphoria ein und wetterte gegen die vermeintliche Islamisierung des Staatenverbundes.

https://twitter.com/Julestowngreen/status/622741991386955776

…zu konkreten Anträgen

Planspiel zur EU-Asyl- und Migrationspolitik am 19. Juli 2015 in Darmstadt

Saaksama stellt sich quer: Keine höhere Aufnahmequote aus Angst vor den Populisten im eigenen Land

Nach intensiven Beratungen in der offiziellen Runde und informellen Gesprächen im kleinen Kreis, bei denen die Delegationen um Unterstützung für ihre Positionen warben, kristallisierten sich zwei Antragsparteien heraus:

Die Staaten Saaksama und Kolmula legten einen Antrag vor, der die Lösung der Flüchtlingsfrage außerhalb Euphorias ansiedelte, z.B. durch ein Aufnahmelager in Transira, einem Land auf dem Nachbarkontinent außerhalb des Staatenverbundes, sowie durch finanzielle Unterstützung für die Krisenbekämpfung. Für die Berechnung der Verteilung der Flüchtlinge auf die Staaten Euphorias sollten Faktoren wie die Einwohnerdichte und die bereits aufgenommene Zahl an Flüchtlingen in absoluten Zahlen  herangezogen werden.

https://twitter.com/JEF_Hessen/status/622765614826962944

Planspiel zur EU-Asyl- und Migrationspolitik am 19. Juli 2015 in Darmstadt

Opifera pocht auf eine tragfähige Lösung




Opifera legte in Zusammenarbeit mit der Menschenrechtsorganisation Refugium anschließend einen Antrag vor, der auf eine menschenwürdigere und gerechtere Behandlung der Flüchtlinge mittels einer Erstaufnahmestelle in Transira und einer Notaufnahmestelle in Narnia abzielte. Darüber hinaus sah der Antrag eine Verteilung der Flüchtlinge auf alle Staaten Euphorias nach einem Schlüssel vor, der die Faktoren Bevölkerungszahl, Fläche und Wirtschaftskraft berücksichtigen sollte. Für dieses Vorhaben sollte eine zentral finanzierte, euphorische Registrierungsstelle geschaffen werden.

Ganz wie in der EU: Die Verhandlungen dauern länger als geplant

Planspiel zur EU-Asyl- und Migrationspolitik am 19. Juli 2015 in Darmstadt

In der heftigen Debatte ziemlich gefordert: Das Sekretariat des Staatenverbundes Euphoria











Nach einem Schlagabtausch in der Debatte, welche Vorgehensweise die richtige sei und auf die Bedürfnisse aller Staaten des euphorischen Staatenverbundes Rücksicht nehme, wurde deutlich, dass man ohne die Zustimmung Saaksamas keine Resolution würde verabschieden können. Dafür war das Stimmengewicht des bevölkerungsreichsten Landes innerhalb Euphorias zu gewaltig. Nachdem deutlich wurde, dass keiner der beiden Anträge in Gänze eine Mehrheit finden würde, entschied man sich für eine Abstimmung über die einzelnen Punkte beider Anträge im Plenum. Anschließend fügte man die verabschiedeten Punkte zu einem neuen Antrag zusammen, welcher dann den Delegationen zur Beratung vorgelegt wurde. Nach Ergänzungen und detailreichen Umformulierungen wurde der finale Antrag vom Sekretariat des Staatenverbundes zur Abstimmung gestellt und mit einer Mehrheit – nicht jedoch einstimmig – verabschiedet. Es gelang den vier Staaten letzten Endes, trotz aller Differenzen einen Kompromiss zu finden und eine für alle Länder des euphorischen Staatenverbundes bindende Resolution (hier abrufbar) zu verabschieden.

Diskussionsrunde mit Vertretern der Parteijugendorganisationen

Im Anschluss an das Planspiel wurde die Brücke zur aktuellen Politik geschlagen: In einer abschließenden Diskussionsrunde konnten die Teilnehmer mit dem Bezirksvorsitzenden der Jungen Union Südhessen, Thomas Schaumberg, und der Kreisvorsitzenden der JuLis Darmstadt, Leonie Fliess, als Vertreter der Parteijugendorganisationen über die Asyl- und Migrationspolitik der EU diskutieren und dabei die Erkenntnisse nutzen, die sie zuvor im Planspiel durch den Perspektivenwechsel gewonnen hatten.

https://twitter.com/KhenissiRachid/status/622812331437912064

Planspiel zur EU-Asyl- und Migrationspolitik am 19. Juli 2015 in Darmstadt

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Planspiels

Die Veranstaltung kam bei den Teilnehmern gut an und die Schwierigkeit der Lösungsfindung auf europäischer Ebene konnte anhand des Planspiels gut verdeutlicht werden. Trotz aller Seriosität des Themas gab es angenehme Gespräche, bei denen man zu Getränken und einem Imbiss auch die anderen Teilnehmer besser kennenlernen und verstehen lernen konnte. Denn wenn uns das Planspiel eines gelehrt hat, dann, dass man als Staat nicht einfach einen Vorschlag machen kann, ohne sich vorab in die Lage der jeweils anderen Staaten und Interessengruppen hineinzuversetzen. Gemeinsames Handeln erfordert auch Empathie und die Bereitschaft, auf andere zuzugehen – auch wenn man dabei von seiner eigenen Position abrücken muss.

Text: Tilmann Hartung
Redaktion: Marcel von Collani

Erfolgreiche Landesversammlung der EUD – auch für die JEF

Europaretter-Plakat_Eine-Währung-braucht-eine-RegierungMit einem Antrag zur Währungs- und Wirtschaftsunion überzeugten zwei unserer jüngsten Mitglieder die Landesversammlung unseres Mutterverbandes, der Europa-Union Hessen, am vergangenen Wochenende in Dietzenbach.

Auf der 64. Landesversammlung der Europa-Union Hessen durften wir uns einmal mehr über die gute Zusammenarbeit  mit unserem Mutterverband freuen. Ein Antrag zur Demokratisierung der Eurogruppe fand bei der Mehrheit der Delegierten breite Zustimmung.

Mehr Demokratie für Europa

„Die Politik der Eurogruppe erfährt keine demokratische Legitimation. Die Zeit ist reif, dieses Demokratiedefizit zu beheben“, sagt unser stellvertretender Landesvorsitzender Christian Gonder.

Anstoß des Initiativantrages war der wage Vorschlag des französischen Präsidenten, ein Parlament für die Eurozone einzurichten. Mit-Antragsteller Julien Chamboncel erläutert: „Der Vorschlag von Francois Hollande stellt für unseren Verband eine einzigartige Chance dar, eine unserer Kernforderungen in die Öffentlichkeit zu tragen: die Demokratisierung europäischer Politik durch die Einrichtung einer demokratisch legitimierten Regierung.“

Der Antrag fordert die Entscheidungsträger der Europa -Union auf, auf dem politischen Parkett für die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) als politische Union zu werben. Auf die genaue Ausgestaltung einer institutionellen Reform verzichtet der Antrag.

„Bewusst“,  sagt Christian Gonder und erklärt: „ Unser Verband muss dafür Sorge tragen, dass die politische Union als Möglichkeit der Vollendung der WWU betrachtet wird.“ „Eine öffentliche Debatte darüber ist unersetzlich“, fügt Julien Chamboncel hinzu.

Schulprojekt als Ausgangspunkt künftiger Kooperation?

Auch sonst war die Landesversammlung der Europa-Union Deutschland (EUD) ein voller Erfolg für die JEF Hessen – insbesondere für unser Schulprojekt. „Ich bin zuversichtlich, zukünftig enger mit der EUD im Schulprojekt zusammen zu arbeiten“, sagt unsere Projektleiterin Neneh Braum. Der Redewettbewerb sei ein guter Anfang für eine stärkere Kooperation.

Seminar im November

Auch EUD-Landesvorsitzender Thomas Mann zeigte sich zuversichtlich. „Die Zusammenarbeit zwischen EUD  und JEF liegt im vitalen Interesse beider Verbände.“ Den Auftakt hierfür soll ein Seminar im November bilden, zudem auch wir herzlich eingeladen sind.

Weitere Infos folgen.

Demokratie unter Druck

"Demokratie unter Druck"-Aktion 2015 in Hessen

Fotogalerie: “Demokratie unter Druck”-Aktion 2015 in Hessen

Es gibt Traditionen, von denen man sich wünscht, sie würden überflüssig werden: Seit 2006 machen wir als JEF jährlich mit einer europaweiten Aktion auf die Menschenrechtsverletzungen in Weißrussland (Belarus), der letzten Diktatur Europas, aufmerksam – so auch in diesem Jahr. In Hessen haben wir uns diesmal in Darmstadt und Frankfurt an der Aktion beteiligt. 2015 fand die Aktion, bei der wir Statuen in ganz Europa symbolisch den Mund verbinden, bereits zum zehnten Mal statt – ein trauriges Jubiläum.

Die Menschenrechtslage in Weißrussland ist indes unverändert kritisch. Aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit jedoch ist Weißrussland praktisch verschwunden – die Medien berichten so gut wie gar nicht über die Situation im Land. Anlässlich der Eishockey-WM in der weißrussischen Hauptstadt Minsk schrieb der Tagesspiegel im Mai vergangenen Jahres in einem der wenigen Berichte: “Eingeschränkte Meinungsfreiheit, Versammlungsverbot, Homophobie – das System ist weit von demokratischen Grundprinzipien entfernt.” 1 Auch die durch die Eishockey-WM etwas erhöhte Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit brachte keine Besserung, im Gegenteil. Präsident Alexander Lukaschenko wollte sich die Show nicht von Protesten kaputt machen lassen: Bekannte Aktivisten ließ er vorsorglich ins Gefängnis stecken – ohne, dass es überhaupt zu Aktionen gekommen wäre. “Hunderte Menschen wurden vom KGB verhört, eingeschüchtert oder zum Verlassen der Hauptstadt aufgefordert.” 2

"Demokratie unter Druck"-Aktion 2015 in Hessen

“Demokratie unter Druck”-Aktion 2015 in Hessen

Mit unserer europaweiten Aktion wollen wir ein kleines Zeichen der Solidarität mit all jenen Menschen setzen, die sich in Weißrussland und andernorts in Europa für Freiheit und Demokratie einsetzen. Denn die Situation in Weißrussland führt uns auch vor Augen, dass Demokratie immer wieder neu erkämpft und verteidigt werden muss – auch im Rest Europas.

So wurden im EU-Mitgliedsland Ungarn in den vergangenen Jahren unter Ministerpräsident Viktor Orbán und seiner Partei Fidesz Grundsätze von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit immer weiter ausgehöhlt. Oppositionelle Politiker, regierungskritische Medien und Nichtregierungsorganisationen werden unter Druck gesetzt und die Meinungsfreiheit auf diese Weise eingeschränkt. Eine Entwicklung, die uns als JEF mit großer Sorge erfüllt. Im Juli vergangenen Jahres verkündete Orbán gar, der ungarische Staat werde sich nicht weiter an liberale Werte halten und sich stattdessen an Ländern wie Russland, Türkei und China orientieren. 3 Immer wieder demonstrieren insbesondere junge Ungarn zu Tausenden für Demokratie, Meinungsfreiheit, gegen Korruption – und für Europa. 4

"Demokratie unter Druck"-Aktion 2015 in Hessen

“Demokratie unter Druck”-Aktion 2015 in Hessen

Auch in anderen Teilen der EU haben nationalistische und extremistische Kräfte, die demokratische Grundsätze in Frage stellen, Auftrieb erhalten. Daher führen wir die Aktion, die wir 2006 als “Free Belarus”-Aktion gestartet haben, seit vergangenem Jahr unter dem Namen “Demokratie unter Druck” fort. Unser Ziel: All jenen Menschen in Europa eine Stimme zu geben, denen man den Mund verbieten will. Denn:

Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit; sie braucht Menschen, die sich für sie einsetzen – in Weißrussland, in Ungarn und in ganz Europa.


1 Claus Vetter: Blut und Spiele bei der Weltmeisterschaft in Weißrussland; Der Tagesspiegel, 05.05.2014

2 Simone Brunner: Eiszeit in Minsk; ZEIT ONLINE, 16.05.2014

3 Michał Kokot: Orbán macht den Putin; ZEIT ONLINE, 30.07.2014

4 Protest in Ungarn wächst; Deutsche Welle, 19.03.2015

Eine Villa ohne Dach

JEF Hessen besucht internationales Seminar in Berlin – Thema: Vertiefung der Eurozone

Delegation der JEF Hessen mit der Europavorsitzenden auf dem internationalen JEF/UEF-Seminar in Berlin

Gute und schlechte Nachrichten erwarteten unsere hessische Delegation auf einem Seminar des Europaverbandes zur Vertiefung der Eurozone in Berlin. Die gute Nachricht lautet: An Ideen für eine Weiterentwicklung der Euro-Zone mangelt es keinesfalls. Die schlechte Nachricht: Was fehlt, ist der politische Führungswille in den Hauptstädten Europas.

Zum Auftakt des dreitägigen Seminars hätte Paolo Vacca, Generalsekretär der UEF Europa, keinen passenderen Vergleich wählen können: „Die europäische Währungsunion ähnelt einer italienischen Villa ohne Dach.“ In sonnigen Tagen sei die Villa wunderschön, aber sobald es regne, drohe ihr Einsturz.

Um diesen Einsturz zu verhindern, sprachen sich Föderalisten aus ganz Europa am Wochenende für die institutionelle Vertiefung der Eurozone aus. Zu den Maßnahmen gehören die Vollendung der Bankenunion, ein Mechanismus zum Ausgleich zyklischer Divergenzen und die Stärkung der demokratischen Legitimation von Euro-Zonen-relevanten Entscheidungen. Gleichzeitig müssten Wachstum und Investitionen angekurbelt und öffentliche Schulden reduziert werden.

Kontrovers diskutierten die 70 Teilnehmer über die Ausgestaltung einer europäischen Arbeitslosenversicherung und die Frage, wann ein europäischer Konvent notwendig sei, um die wacklige Währungsunion durch eine politische Union zu stabilisieren.  Hierzu sagte Pauline Gessant, Präsidentin der JEF Europa: „Wir dürfen keine Sekunde verlieren und sobald wie möglich einen europäischen Bundesstaat einrichten.“ Sie verwies dabei auf die anstehenden Präsidentschaftswahlen in Frankreich und das angekündigte Referendum des britischen Premierministers zum Verbleib in der EU.  „Auch wenn wir Föderalisten vielerorts als Träumer und Spinner bezeichnet werden, dürfen wir nicht den Mut verlieren, für ein föderales Europa zu kämpfen.“, sagte Gessant. Noch in diesem Jahr dürfe sich die JEF Europa über zahlreiche Aktionen zur Vertiefung der Eurozone freuen. Wir sind gespannt!

Neues Jahr startet mit Klausurtagung

Der Landesvorstand der JEF Hessen auf Klausur

Der Landesvorstand der JEF Hessen auf Klausur

Zu Beginn des neuen Jahres sind wir als Landesvorstand der JEF Hessen im nordhessischen Gehau in Klausur gegangen. Auf unserer dreitägigen Tagung haben wir als hessische Föderalisten ein Zeichen für die Stärkung unseres lokalen Engagements gesetzt und lokale Aktionspläne entwickelt. Damit wollen wir die bestehenden JEF-Sektionen stabilisieren und ausbauen. Bisher sind wir in Frankfurt, Mainz-Wiesbaden und Darmstadt präsent. Dort finden regelmäßig Treffen und Stammtische statt. Aber auch in den Städten Marburg und Kassel sehen wir viel Potenzial für neue JEF-Gruppen! Konkrete Aktionen vor Ort werden wir nun Schritt für Schritt für planen.

TTIP und Bundesstaat im programmatischen Visier

Programmatisch werden wir uns als Landesvorstand in den kommenden Monaten unter anderem dem transatlantischen Freihandelsabkommen widmen. Hierzu sind wir als JEF Hessen gemeinsam mit dem Kreisjugendparlament des Vogelsbergkreises eine Kooperation eingegangen. Als Ziel der Partnerschaft haben wir die Ausrichtung eines gemeinsamen Seminares im oberhessischen Alsfeld vor Augen. Verbandsintern wollen wir uns bundesweit für die Stärkung unseres Vereinszieles einsetzen: der Einrichtung eines föderalen europäischen Bundesstaats. Mit Impulsen wollen wir eine große verbandsinterne, aber auch externe Debatte darüber anstoßen, warum wir einen Europäischen Bundesstaat brauchen!

Grenzenübergreifende Zusammenarbeit

Besonders gefreut haben wir uns über den Besuch von Max Weigelin, der im rheinland-pfälzischen  Landesvorstand aktiv ist. Unsere enge und gute grenzenübergreifende Zusammenarbeit mit unseren westlichen Nachbarn wollen wir auch im laufenden Jahr fortführen.