Bericht zum 69. Bundeskongress der JEF Deutschland

Liebe Europäer:innen,

vom 14. bis 16. Oktober 2022 fand der 69. Bundeskongress der JEF Deutschland in Würzburg statt. Der Hessische JEF-Landesvorstand möchte hiermit über die aktuellsten Entwicklungen auf Bundesebene berichten. Du fragst dich gerade was der Bundeskongress eigentlich ist? Ganz kurz: Der Bundeskongress (BuKo) ist das höchste Organ der JEF Deutschland und tagt einmal im Jahr. Die ca. 120 von den Landesverbänden entsandten Delegierten und der Bundesvorstand treffen sich dann zur Diskussion und Beschlussfassung der politischen Positionen sowie zur Durchführung von Wahlen.

Zur Sache selbst: Es gab mehrere wichtige Entscheidungen die bei dem diesjährigen Bundeskongress getroffen wurden und uns alle betreffen werden. Daher erfolgt hier eine umfassende Berichterstattung. Wir hoffen, dass es euch der Text nicht erschlägt, aber wir erachten die umfassenden Informationen an Euch für sehr wichtig.

 

  1. Inklusiverer Vereinsname

Es gab einen von mehreren Landesverbänden gestellten Satzungsänderungsantrag dahingehend den Namen des Bundesverbandes „Junge Europäischen Föderalisten Deutschland e.V.“ hin zu „Junge Europäische Föderalist:innen Deutschland e.V.“ zu ändern.

Hintergrund für diesen Antrag war das Bedürfnis der Antragssteller einen inklusiveren Vereinsnamen zu schaffen. Dazu muss man wissen, dass die Landesverbände als eigenständige Vereine organisiert sind. Einige Landesverbände haben bereits im Laufe der vergangenen Jahre ihren Vereinsnamen gegendert bspw. zu „Junge Europäische Föderalist:innen Bundesland XY e.V.“ Dies führte bislang zu der Situation, dass einige Landesverbände ihren Namen gegendert haben und andere nicht.

Bei unserem Hessischen Landesverband „Junge Europäische Föderalisten Hessen e.V.“ ist eine solche Namensänderung bei der Mitgliederversammlung im Jahre 2021 beantragt worden. Damals ist der Antrag bei fast Stimmgleichheit und wenigen Enthaltungen auf Landesebene nicht angenommen worden. Da es sich bei der Namensänderung um eine Satzungsänderung handelt, wäre eine 2/3 Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich gewesen.

Zurück zum Bundeskongress und ohne euch länger auf die Folter spannen zu wollen: Der Antrag auf einen inklusiveren Namen „Junge Europäische Föderalist:innen Deutschland e.V.“ ist mit einer 2/3 Mehrheit angenommen worden. Das Thema Gendern ist in der Gesellschaft nicht unumstritten, daher ist es nicht verwunderlich, dass auch bei dem Bundeskongress hitzig aber stets sachlich diskutiert wurde. Jeder Delegierte hatte die Möglichkeit sich zu äußern und es gab zahlreiche Meinungen für aber auch gegen die Namensänderung. Auf Bitten des Bundesvorstandes hat sich außerdem jeder Landesverband zu dem Thema geäußert.

Dabei berichtete der hessische Landesverband über den im Jahr 2021 auf Landesebene gescheiterten Namensänderungsantrag. Aufgrund der Tatsache, dass erst vor einem Jahr der Namensänderungsantrag bei uns in Hessen nicht angenommen wurde, sahen die Hessischen Delegierten kein ausreichendes Mandat seitens ihrer Hessischen Mitglieder, den Änderungsantrag auf Bundesebene ein Jahr später als Landesverband zu unterstützen oder abzulehnen.

Was bedeutet die Namensänderung nun konkret für uns in Hessen? Dazu vorweg: Der Bundesverband kann unseren Hessischen Landesverband nicht zwingen den Namen ebenfalls zu gendern. Ob der Name „Junge Europäische Föderalisten Hessen e.V.“ so bleibt oder in Zukunft gegendert wird, entscheiden allein die Hessischen Mitglieder.

Gleichwohl erkennt der Hessische Landesvorstand, dass es auch bei uns im Landesverband den Wunsch zu mehr Diversität und Inklusion gibt. Das Gendern des Vereinsnamens könnte zu diesen Zielen beitragen, weshalb wir es für erforderlich erachten, auf Landesebene ebenfalls eine Diskussion über das Thema Namensänderung, Diversität und Inklusion zu führen. Aus diesem Grund soll spätestens im Neuen Jahr eine Arbeitsgemeinschaft Inklusion gebildet werden. Im Rahmen dieser Arbeitsgemeinschaft sollen ergebnisoffen Vorschläge erarbeitet werden, wie man diese Ziele erreichen kann und welche Maßnahmen man umsetzen könnte. Dabei geht es nicht nur darum Leute verschiedener Geschlechtsidentitäten anzusprechen, sondern auch wie man Leute die nicht studieren oder die Landbevölkerung anspricht. Eingeladen an dieser Arbeitsgemeinschaft teilzunehmen sind alle Mitglieder, bezogen auf die Namensänderung explizit aber auch diejenigen, die sich gegen das Gendern des Vereinsnamens aussprechen. Wir wollen alle Meinungen hören und Argumente dafür und dagegen sammeln. Nähere Informationen zur Arbeitsgemeinschaft erfolgen demnächst per E-Mail.

Letztlich wollen wir, dass sich alle Mitglieder in der JEF wohlfühlen. Nur wer sich wohlfühlt, bleibt dabei und engagiert sich.

[CC-BY-SA Lutz Gude | JEF Deutschland e.V.]

  1. Finanzielles Defizit auf Bundesebene

Es ist beschlossen worden, dass „Die Landesverbände (…) für jedes Mitglied, das auch die Mitgliedschaft der JEF Deutschland innehat, ab dem 01.01.2023 4,00€, ab dem 01.01.2024 5,00€, ab dem 01.01.2025 6,00€, pro Jahr an den Bundesverband ab[führen].“

Der Hintergrund für diesen Beschluss:

Die Landesverbände zahlten bisher pro JEF-Mitglied 2,95€ im Jahr an den Bundesverband. Die Kosten für die Projekte und die zentrale Infrastruktur der JEF Deutschland, von der alle Ebenen der JEF abhängen, steigen bereits seit Jahren. Der Haushalt der JEF Deutschland für 2022 zeigt deutlich, dass bei “normalem Aktivitätsniveau” der JEF Deutschland die Kosten nicht mehr zu stemmen sind und ein Defizit entsteht. Zudem sei angemerkt, dass seit der letzten Beitragserhöhung 2014 bereits viel Zeit verstrichen ist und der Bundesverband seitdem auch mehr Aufgaben übernommen hat.

Der obengenannte Vorschlag ist ein zwischen dem Bundesverband und den Landesverbänden geschlossener Kompromiss und kann neben weiteren Maßnahmen wie beispielsweise die Erhöhung der Teilnahmebeiträge für Bundesveranstaltungen wie dem Bundeskongress, die strukturelle Haushaltslücke kompensieren. Andere Einnahmequellen der JEF Deutschland wurden in den letzten Jahren bereits intensiv bearbeitet und gesteigert. Die Finanzprüfungskommission hat in ihren letzten Berichten die Arbeit in diesem Bereich auch positiv gewürdigt und die starke Abhängigkeit von Projektgeldern (zwischen 90-95% des JEF Haushaltes in den letzten Jahren) bemängelt.

Eine Anpassung der Beiträge wird dem Defizit entgegenwirken. Wünschenswerte Alternativen zu einer Beitragserhöhung generell gab es aus Sicht des Bundesvorstandes nicht. Daher hat der Bundesvorstand seit Anfang des Jahres in den Bundesausschusssitzungen sowie weiteren Gesprächsrunden mit den Landesverbänden den Dialog gesucht, um einen guten Kompromiss für alle Ebenen zu finden. Denn es ist nicht das Ziel, die Landes- und Kreisverbände zu benachteiligen. Aus dem ursprünglichen Vorschlag des Bundesverbands die Beiträge ab 2023 sofort auf 6,00€ zu erhöhen wurde in diesem Prozess der im ersten Absatz vorgestellt Kompromiss, der einen gemäßigteren Übergang und mehr Vorlaufzeit für die Landes- und Kreisverbände garantiert. So soll die Mehrbelastung der Mitglieder möglichst gering gehalten werden. So werden die Teilnahmebeiträge zu Gremiensitzungen bereits im nächsten Jahr steigen. Darüber hinaus wird der Austausch über die Finanzen in der JEF durch weitere Formate, wie eine Arbeitsgruppe Finanzen gefördert. Mit der Expertise von allen Ebenen soll das Finanzmanagement in der JEF damit ausgebaut und verbessert werden.

Was bedeutet das Konkret für uns in Hessen?

Das bedeutet konkret, dass der Landesverband Hessen in Zukunft mehr Geld pro Mitglied an die JEF Deutschland abführen muss, damit das dortige Defizit geschlossen werden kann. Damit fließen jedoch Gelder an den Bundesverband ab, die uns für die Aktivitäten auf Landesebene fehlen werden. Es ist durch die geplante Staffelung absehbar, dass wir als Landesverband  zukünftig ebenfalls eine Finanzierungslücke erleiden werden. Aber die gestaffelten Abgaben sowie das letztendliche Niveau der Abgabe von 6,00 € ab 2025 sind für den Landesverband vorerst tragbar, mitunter da aufgrund der Corona-Pandemie die Ausgaben des Vereins geringer waren als in den Vorjahren. Eine Beitragserhöhung für die Mitglieder der JEF Hessen von 24€ im Jahr auf 27€ pro Jahr, um die gestiegenen Abgaben an den Bundesverband auszugleichen, kann aber zukünftig bei Bedarf angesetzt werden. Der aktuelle Landesvorstand jedoch sieht keinen Bedarf für eine Beitragserhöhung im laufenden Jahr und plant auch keine Erhöhung der Beiträge für das Jahr 2023.

Der Landesvorstand wird intensive Gespräche untereinander und in der neugegründeten JEF-AG Finanzen auf Bundesebene führen. Wir halten euch zu diesem Thema natürlich auf dem Laufenden!

[CC-BY-SA Lutz Gude | JEF Deutschland e.V.]

  1. Dringlichkeitsantrag des Bundesvorstandes

Der Bundesvorstand hat einen Dringlichkeitsantrag mit dem Titel: „Zeitenwende europäisch denken: Verfassungskonvent statt konventioneller Politik!“ eingebracht der mit überwältigender Mehrheit angenommen worden ist. Der Antrag ist als politischer Leitantrag zu verstehen, da er einen umfassenden Rundumschlag quer durch alle Themen macht. Die hessische Delegation hat für diesen Antrag gestimmt.

Hintergrund für diesen Antrag: Europa und die EU stecken in multiplen Krisen, allerdings nicht erst seit diesem Jahr. Es wird Zeit, dass die vielen Sonntagsreden der letzten Jahre nun auch Taten folgen lassen und wir die aktuellen Entwicklungen als letzten Warnschuss verstehen, um unsere europäischen Werte zu beschützen. Gefordert wird u.a. ein Europäisches Wahlreicht, die Erweiterung der EU und ein Europäischer Konvent inklusive der Verabschiedung einer EU Verfassung.

Sobald der Beschluss im Volltext veröffentlicht wurde, kann er unter https://www.jef.de/beschluesse/ eingesehen werden. Reinlesen lohnt sich!

 

  1. Anträge zum Russischen Angriffskrieg und der Situation im Iran

Als Europäer:innen haben wir eine klare Haltung: Wir stehen entschieden an der Seite der Ukraine sowie ihrer Bewohner:innen und bekräftigen unsere Solidarität. Die inspirierende Verteidigung ihres Landes und ihrer Werte sowie das historisch gewachsene Verlangen der ukrainischen Bevölkerung, ein Teil der europäischen Familie zu werden, soll endlich und vollumfänglich gewürdigt werden.

Aus diesem Grund hat die JEF Hessen zusammen mit der JEF Nordrhein-Westfalen, JEF Rheinland-Pfalz und JEF Saarland einen Antrag mit dem Titel „Konsequenzen des russischen Angriffskriegs für Europa“ eingebracht. Darin geht es unter anderem um eine Zeitwende in der Außenpolitik Europas, eine neue europäische Energiepolitik und eine echte Beitrittsperspektive für die Ukraine. Der Antrag ist ebenfalls mit überwältigender Mehrheit angenommen worden. Wir sind froh die Position der JEF zu Russland und der Ukraine auf Bundesebene so maßgeblich mitgestaltet zu haben.

Außerdem verabschiedet wurde ein Dringlichkeitsantrag mit dem Titel „Solidarität mit unterdrückten Menschen im Iran!“ Die Situation im Iran ergibt einen besonderen Handlungszwang, da Deutschland der größte Handelspartner Irans in Europa ist, eine traditionell gute Beziehung zum Iran pflegt (seit 1859) und für 180.000 Iraner*innen (zweite Generation bereits nicht berücksichtigt) eine Heimat darstellt. Als Jugendverband solidarisieren wir uns in dem Antrag mit den Protestierenden und unterdrückten Menschen, insbesondere den Frauen, im Iran. Wir fordern darin außerdem die Sanktionierung des Regimes und die Unterstützung der Zivilbevölkerung.

Sobald diese Beschlüsse im Volltext veröffentlicht wurden, können sie unter https://www.jef.de/beschluesse/ eingesehen werden. Auch hier lohnt sich ein reinlesen!

[CC-BY-SA Lutz Gude | JEF Deutschland e.V.]

Wie ihr sehen könnt, sind trotz der Diskussionen rund um die Vereinsthemen, wie die Änderung des Vereinsnamens und die Beitragserhöhung, die inhaltlichen Diskussionen und Beschlüsse nicht zu kurz gekommen. Beide Themen sind für unsere zukünftige Arbeit wichtig. Die JEF Deutschland und JEF Hessen positionieren sich immer wieder klar und deutlich, auch zu aktuellen Themen. Wenn Du genauer wissen möchtest, wofür die JEF politisch steht und was sie gerade fordert, kannst du dir unser aktuelles politisches Programm (https://www.jef.de/politisches-programm/) durchlesen und unsere aktuellen Beschlüsse anschauen (https://www.jef.de/beschluesse/).

Wir bleiben „Still A Generation Ahead“ – mit festem Fundament und klarer Vision!

Bei Fragen zu diesen Themen aber auch sonstiger Art könnt ihr Euch gerne immer an den Vorstand wenden unter vorstand@jef-hessen.de