Appell an die Hessische Europaministerin

Distanzieren Sie sich von Ihren zynischen Aussagen und setzen Sie sich für die Evakuierung der Menschen und die Bewahrung ihrer Würde ein!

 

Sehr geehrte Frau Puttrich,

in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung vom 10. September 2020 sprechen Sie sich gegen eine Aufnahme von Geflüchteten aus dem Camp Moria in Griechenland aus. Sie sagen: „Die Bilder des brennenden Flüchtlingscamps lassen uns auch fragen, was einige Menschen dazu bringt, ihre sichere Unterkunft in Europa anzuzünden.“ Sie sprechen davon, dass das Camp Moria für die dort lebenden Menschen eine sichere Unterkunft in Europa sei. Diese Aussage verkennt die menschenunwürdigen Verhältnisse in dem seit Jahren restlos überfüllten Camp. So sagte der Bundesentwicklungsminister Müller (CSU) im gestrigen „Brennpunkt“ in der „ARD“ zu dem Camp Moria: „Das ist ein Gefängnis. Flüchtlinge werden eingepfercht wie Verbrecher.“

Darüber hinaus sagen Sie im Interview: „Dieser Gewaltausbruch einiger darf nicht belohnt werden. Weder durch eine Verlegung in andere europäische Länder noch bei der Dauer oder dem Ergebnis des Asylverfahrens.“ Es geht darum der Verantwortung und Verpflichtung gerecht zu werden, im Falle einer existenziellen Katastrophe alles politisch Mögliche zu tun, um den betroffenen Menschen zu helfen und sie aus dem Elend und der Not in Moria zu befreien. Mit Ihrer Aussage stellen Sie alle in Moria lebenden Menschen unter Generalverdacht und missachten damit zentrale europäische Werte, wie die Achtung der Würde des einzelnen Menschen. Außerdem bestärken Sie mit Ihrer Rhetorik rechtspopulistische Standpunkte und Argumente, da Sie tausende Geflüchtete kriminalisieren und für ihre Situation als selbst verantwortlich stigmatisieren.

Sie treten dafür ein, dass die EU gemeinschaftlich Verantwortung tragen solle und alles dafür tun müsse, „die Bedingungen in diesen Einrichtungen zu verbessern“. Das Flüchtlingscamp in Moria ist allerdings schon lange keine menschenwürdige Einrichtung mehr und niemandem ist vor Ort mit Hilfsmitteln alleine wirklich geholfen, vor allem auch, da das Coronavirus in Moria um sich greifen konnte. Es kommt jetzt darauf an, dass das Camp evakuiert wird. Daher fordern wir als Junge Europäische Föderalisten von Ihnen,

1. dass Sie sich von Ihren zynischen Aussagen im Interview vom 10. September distanzieren;

2. dass Sie Einfluss auf die Hessische Landesregierung nehmen und sich im Kabinett dafür einsetzen, dass Hessen freiwillig Geflüchtete aus Moria aufnimmt;

3. dass Sie Einfluss auf die Partnerregionen Hessens in Europa nehmen und dafür werben, dass auch diese Regionen zusätzliche Geflüchtete aufnehmen und dem hessischen Beispiel folgen;

4. dass Sie im Ausschuss der Regionen der EU darauf hinwirken, dass sich auch andere Regionen Europas für eine Aufnahme von Geflüchteten in Moria entscheiden;

5. dass Sie im Bundesrat eine Initiative einbringen oder unterstützen, welche die Bundesregierung dazu aufruft, sich für eine Gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik in der EU einzusetzen.

Die Jungen Europäischen Föderalisten setzen sich für eine Reform der Asyl- und Migrationspolitik der Europäischen Union ein. Wir missbilligen aufs Schärfste das Verfehlen eine einheitliche Regelung zu finden, um die Abschiebung in einen Mitgliedstaat dessen Asylsystem zusammengebrochen ist oder nicht den ausreichenden Schutz bieten kann zu stoppen, sowie die weitere Aufrechterhaltung der unsolidarischen Erst-Land-Regel in der neuen Dublin III-Verordnung.

Wir fordern stattdessen die Aufhebung der Drittstaaten-Regelung sowie der Erst-Land-Regelung gemäß der Dublin-III-Verordnung und einen solidarischen europäischen Verteilungsschlüssel nach nachvollziehbaren Faktoren, wie etwa der Einwohnerzahl, dem Bruttoinlandsprodukt und den berechtigten Wünschen des Antragstellers. Dieser würde zur Entlastung überproportional betroffener Staaten führen und zugleich mehr Planbarkeit für Aufnahmekapazitäten und Asylverfahren ermöglichen. Mithin würde sich so auch die Situation für die Asylsuchenden wesentlich verbessern. Wir fordern eine europäische Asylbehörde zur Umsetzung dieses Verteilungsschlüssels.

Wir freuen uns auf eine Antwort Ihrerseits!

Mit freundlichen Grüßen
Im Namen der Jungen Europäischen Föderalisten Hessen

Friedel Pape – Landesvorsitzender