Über Schengen gibt es eigentlich nicht viel zu berichten; eine kleine Gemeinde irgendwo zwischen Luxemburg, Deutschland und Frankreich. Viel scheint dort im Laufe der Zeit nicht passiert zu sein. Die deutsche Wikipedia vermag über Schengen kaum mehr als ein paar dürre Zeilen über die Zusammensetzung und die Sehenswürdigkeiten der Gemeinde zu berichten. Doch eine Laune der Geschichte machte die Gemeinde zum Unterzeichnungsort eines bedeutenden Abkommens über den Wegfall der innereuropäischen Grenzkontrollen. Ursprünglich nur zwischen den BeNeLux-Staaten, Frankreich und Deutschland abgeschlossen, traten mehr und mehr Staaten dem Abkommen bei, so dass der „Schengen-Raum“ mittlerweile 29 Staaten umfasst und „Schengen“ zum Synonym der europäischen Reisefreiheit und Symbol der Einigung Europas wurde.
Im Zuge der 2015 einsetzenden massiven Flüchtlingsströme nach Europa begannen mehrere Staaten die Reisefreiheit auszusetzen und wieder Grenzkontrollen einführen, um so vermeintlich wieder Kontrolle zu erlangen. Gegen die Rückkehr zur Kleinstaaterei formiert sich (nicht nur) in Deutschland weiter Protest. Neben dem BDI, dem DIHK, dem DGB und vielen weiteren Organisationen hat auch die JEF vernehmbar Stellung gegen die Wiedererrichtung der Grenzen bezogen. Unter dem Motto „#donttouchmyschengen“ haben wir durch kreativen Protest ein klares europaweites Zeichen gegen den erstarkenden europäischen Nationalismus gesetzt. Die Aktionen waren vielfältig und breit gestreut, von Online-Aktivitäten auf Facebook und Twitter unter dem bekannten Hashtag über Flyer bis hin zu Straßenaktionen. Eine der ersten Aktionen fand im Rahmen unserer Landesversammlung in Frankfurt statt, bei der wir symbolisch einen Schlagbaum zersägten.
https://twitter.com/JEF_de/status/698465005738573824
Besondere Beachtung fand unser Protestmarsch am 7. Februar von der deutschen Grenzstadt Perl über die deutsch-luxemburgische Grenze bis nach Schengen. Dort kamen knapp drei Dutzend JEFerinnen und JEFer aus ganz Deutschland zusammen, um mit Transparenten, lauten Protestrufen und einem Protestmarsch gegen die derzeitige Politik der Grenzschließung in Europa zu demonstrieren. Beide Orte liegen nur einen Steinwurf voneinander entfernt, dennoch hat unsere kurze Straßenblockade für eine lange Autoschlange gesorgt. Vor Ort bekamen wir nicht nur Unterstützung vom Perler Bürgermeister, auch einige Bürger kamen auf uns zu und haben bekräftigt, wie wichtig die offene Grenze für das wirtschaftliche und soziale Leben der Menschen vor Ort ist. Es hat sich gezeigt: Auch vergleichsweise kleine und spontane Aktionen können ein großes Echo hervorrufen. Nicht nur in der der Süddeutschen Zeitung fanden wir Erwähnung, auch Spiegel Online berichtete über unsere Aktivitäten vor Ort.
Doch nicht nur JEFer in und aus Deutschland waren aktiv, in ganz Europa gab es Straßenaktivitäten, Fotoaktionen und Unterstützungsbekundungen. Besonders auf Twitter war der Hashtag #donttouchmyschengen enorm erfolgreich. Unsere Aktion wurde nicht nur von vielen großen Organisationen begrüßt, sondern auch von zahlreichen aktiven Politikern in nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament unterstützt.
https://twitter.com/brandobenifei/status/694944058641350658
https://twitter.com/TerryReintke/status/699525993933963264
https://twitter.com/mattium/status/697746704205012994
Motiviert vom breiten Zuspruch hat die JEF Europe einen offenen Brief an Ratspräsident Donald Tusk gemeinsam mit zahlreichen weiteren europäischen Jugendorganisationen initiiert, in dem sie im Namen aller JEFer und aller Europäer dazu aufruft, eine europäische Lösung der aktuellen Probleme in Europa zu finden. Dazu gehört insbesondere ein europäisches Asylsystem mit legalen und geregelten Einreisewegen für Schutz- und Asylsuchende in Kombination mit einer europaweiten Verteilungsquote, die für alle EU-Länder Gültigkeit besitzt.
Eine Sammlung der Eindrücke unserer europaweiten Aktion findest Du auf der Kampagnenseite der JEF Deutschland und in der Facebook-Gruppe zur Aktion, in der vor allem zahlreiche lokale Sektionen ihr Engagement dokumentiert haben.
Christoph Büttcher, Manuel Gath