Das Thema
Die Außenpolitik der Europäischen Union ist eine eigenwillige Konstruktion; nicht Fisch und nicht Fleisch. Einerseits hat sich die EU eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik auf die Fahne geschrieben und dies unter anderem mit der Schaffung des Amtes der Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik untermauert. Andererseits liegt die Hoheit für die Außenpolitik bei den einzelnen Mitgliedsstaaten. Beschlüsse im Rat für Auswärtige Angelegenheiten, in dem die 27 nationalen Außenminister:innen zusammenkommen, können daher nur einstimmig gefasst werden. Wie effektiv kann europäische Außenpolitik angesichts dieses Spannungsverhältnisses tatsächlich sein – gerade, wenn sich kurzfristig zuspitzende weltpolitische Krisen und Konflikte ein schnelles Handeln erforderlich machen? Wie kommen unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen außenpolitische Entscheidungen zu Stande? Diesen Fragen wollen wir mit dem Planspiel nachgehen.
Das Planspiel
In Sylduvien, einem fiktiven, europäischen Staat außerhalb der EU, ist ein Bürgerkrieg ausgebrochen. Nach einem Regierungswechsel hat die neue Regierung das Handelsabkommen mit seinem autoritär geführten Nachbarland Bordarien aufgekündigt. Gleichzeitig hat sie bekanntgegeben, das Land stärker in Richtung der EU orientieren zu wollen. Sylduvien und Bordarien verbindet eine lange Geschichte; Sylduvien war einst Teil einer bordarisch dominierten Föderation. Dies macht den Konflikt so explosiv: Das Land ist gespalten zwischen bordarisch-sprachigen Sylduvier:innen im Osten, die die Aufkündigung des Handelsabkommens mit Bordarien auf die Barrikaden getrieben hat und die nun mit Waffengewalt für eine Abspaltung ihres Landesteiles kämpfen, und den pro-europäischen Anhänger:innen der neuen Regierung. Nach anfänglich friedlichen Protesten und ersten gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstrant:innen und der Polizei ist die Situation mittlerweile zu einem bewaffneten Konflikt eskaliert. Die Lage ist unübersichtlich; insbesondere ist umstritten, welche Rolle Bordarien spielt. Hat das Land die Auseinandersetzung angeheizt, womöglich sogar eigene Soldaten über die Grenze geschickt?
Wie sollte die EU auf diese schwierige Gemengelage reagieren? Wem ist die Verantwortung für den Konflikt zuzuschreiben – der neuen sylduvischen Regierung, den Separatist:innen im Osten, Bordarien? Welche Forderungen sollte die EU an die Konfliktparteien richten? Und wie kann sie diesen Nachdruck verleihen? Sollte sie Sanktionen verhängen, möglicherweise die Handelsbeziehungen mit Sylduvien oder Bordarien aussetzen und damit wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen?
Beim Planspiel schlüpfst Du in die Rolle einer Vertreterin bzw. eines Vertreters eines EU-Mitgliedsstaates und siehst Dich mit diesen diffizilen Fragen konfrontiert. Erschwerend kommt hinzu, dass jede und jeder Deiner Amtskolleg:innen aus den anderen EU-Mitgliedsstaaten vor einem anderen politischen Hintergrund agiert; Eure Länder sind auf jeweils unterschiedliche Weise mit Sylduvien und Bordarien verbunden – historisch, geographisch und wirtschaftlich. Wird es Euch trotzdem gelingen, innerhalb weniger Stunden zu einer gemeinsamen Position zu gelangen, so dass die EU ihr Gewicht nutzen kann, um die Entwicklung des Konflikts positiv zu beeinflussen?